„Ein guter Malbec muss kämpfen.” Im Interview mit Vineblog24 während der ProWein2013 bezog sich ein Vertreter des argentinischen Weinguts Alta Vista mit dieser Aussage auf die Wurzeln der Pflanzen, die sehr tief reichen müssen, um an Wasser zu gelangen. Aber auch ansonsten gilt: Bevor Malbec international als der herausragende Werbeträger argentinischen Weinbaus anerkannt wurde, galt es einige Hindernisse zu überwinden.
Ein Blick auf den „Registro de vinedos y superficie“, den Lagebericht des argentinischen Instituto Nacional de Vitivinicultura, aus dem Jahr 2010 macht das anschaulich: Rotwein ist erst seit Beginn dieses Jahrtausends die bestimmende Größe im Weinbau des südamerikanischen Landes. Noch 1990 sah die Rangfolge so aus: Das Gros der Anbaufläche für die Produktion von Wein war den hellroten (rosa) Rebsorten Cereza, Criolla Grande und Criolla Chica vorbehalten.
Eine argentinische Eigenheit: Die Südamerikaner unterscheiden zwischen roten, weißen und rosa Rebsorten. Und die Letztgenannten wurden 1990 auf knapp 100.000 Hektar angebaut. Es sind sehr ertragreiche Rebsorten. Tatsächlich lag der Fokus argentinischen Weinbaus lange Zeit auf der Massenproduktion für den heimischen Markt. Mit etwa 60.000 Hektar befanden sich die weißen Rebsorten 1990 auf dem zweiten Rang, dahinter dann die roten Rebsorten mit etwas mehr als 40.000 Hektar Anbaufläche.
- 1990 wurden rote Rebsorten auf 40.000 Hektar angebaut, 2009 auf mehr als 100.000 Hektar
Zehn Jahre später hatte sich das Bild deutlich gewandelt. Im Jahr 2000 verzeichnete das Instituto Nacional de Vitivinicultura rote Rebsorten auf mehr als 70.000 Hektar Anbaufläche, rosa Rebsorten auf knapp 69.000 Hektar, weiße auf etwa 50.000 Hektar. Und für 2009 sieht die Reihung wie folgt aus: Rote Rebsorten werden auf mehr als 103.000 Hektar angebaut, es folgen rosa (61.000 Hektar) und weiße Rebsorten (48.000 Hektar). Die Weinnation Argentinien, deren Weinbaugeschichte Mitte des 16. Jahrhunderts mit spanischen und portugiesischen Einwanderern begann, hat zu Beginn des Jahrtausends eine wahre Revolution erlebt.
Warum das notwendig war, fasst die Vermarktungsorganisation „Wines of Argentina“ so zusammen: „In den 1970er-Jahren brach das dominierende Geschäftsmodell zusammen. Es war auf die Produktion großer Mengen Wein von geringer Qualität für den heimischen Markt ausgerichtet. Die wachsende Nachfrage nach Soft-Getränken und Bier führte zu einem Rückgang des Verbrauchs von Tafelwein von 90 Liter pro Kopf im Jahr 1970 auf 55 Liter pro Kopf im Jahr 1991. Zwischen 1982 und 1992 gab es in der Folge umfangreiche Rodungen von Anbauflächen, 36 Prozent der bestehenden, bestockten Flächen waren betroffen. Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre begann eine neue Ära für die argentinische Weinindustrie. Die Ankunft des Neoliberalismus führte zu Anpassungen in der nationalen Wirtschaft, und Argentinien öffnete sich stärker für den globalen Markt.“
- Weltweit auf Rang acht im Weinbau
Ein „Global Player” ist Argentinien in der Weinwelt allemal. Das Land mit seinen mehr als 40 Millionen Einwohnern auf etwa 2,8 Millionen Quadratkilometern (viermal so groß wie Frankreich) liegt laut einer Berechnung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) aus 2009 mit einer Anbaufläche von deutlich mehr 200.000 Hektar weltweit auf dem achten Rang.
Die bemerkenswerte Qualität argentinischer Weine hat viele Gründe. Eine Besonderheit des argentinischen Weinbaus besteht darin, dass recht viele Reben überdurchschnittlich alt sind. Der Wikipedia-Eintrag zum Weinbau in dem südamerikanischen Land verweist auf eine Erhebung des Jahres 2005, in dem immerhin noch 51 Prozent aller Reben älter als 25 Jahre gewesen seien. Der Hintergrund: Argentinien hat die vernichtende Wirkung der Reblaus nicht in einem Maß zu spüren bekommen, wie das etwa in Europa der Fall war.
Weiteres Qualitätsmerkmal: Argentinien, dessen gesamtes westliches Grenzgebiet von den Anden eingenommen wird, bietet eine beeindruckende Vielfalt an Terroirs. Der Großteil der Anbauflächen befindet sich fernab der Städte auf Böden, die im Grunde weitgehend unberührt sind. Im Norden des Landes sind die Höhenlagen charakteristisch für den Weinbau. Die Anbaugebiete liegen zwischen 1000 und 3000 Metern Höhe. Die Valles Calchaquíes sind eine Kette zusammenhängender Täler am Ostabhang der Anden in den Provinzen Salta, Tucumán und Catamarca – hier liegen wohl die höchsten bestockten Flächen weltweit. Zur Höhe kommen der geringe Niederschlag, die hohen Durchschnittstemperaturen und sandige Böden als Charakteristika hinzu. Die Rebsorte Torrontes, ein Aushängeschild Argentiniens, gedeiht hier besonders gut und ergibt säurebetonte, trockene Weißweine mit einem intensiven Muskat-Bukett. Die Aromen erinnern an Rosen, Grapefruit und Birnen.
- Herz des argentinischen Weinbaus schlägt in Cuyo
Das Herz des argentinischen Weinbaus aber schlägt unbestritten in Cuyo. In der Sprache der Ureinwohner ist die Cuyo-Region das „Land der Wüsten“. Mit einer Jahresdurchschnitts-temperatur von 15 bis 19 Grad, Höhenlagen zwischen 700 und 1700 Metern, geringem Niederschlag und einer natürlichen Bewässerung durch das Schmelzwasser aus den Anden ist hier das Zentrum des Weinbaus in Südamerika. Jens Priewe schreibt in seinem Hanhdbuch Wein: „Von Natur aus ist die Provinz Mendoza eine Trockensteppe. Durch ein kunstvolles Kanalsystem wird das Wasser des Rio Mendoza in die Stadt und auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen geleitet.“
In der Provinz Mendoza liegt auf Anbauflächen von 160.000 Hektar das Zentrum des Weinbaus ganz Südamerikas. Und gerade Malbec reift hier zu unverwechselbarer Qualität heran. „Es scheint, als ob eine alte europäische Rebsorte erst hier in der Nähe der Andengipfel ihre wahre Heimat gefunden hätte“, schreibt Beat Koelliker in seinem Buch „Die große Hallwag Weinschule“ über die Traube, die Aromen von Brombeer, Cassis und Lakritz bietet. Grundsätzlich ist Malbec anfällig für Krankheiten und Schädlinge. „In der reinen trockenen Bergluft Argentiniens fallen diese Gefahren aber weg. Hier gelangt sie bei bester Gesundheit zu voller Reife.“
Patagonien schließlich ist die südlichste Region Argentiniens, in der Weinbau betrieben wird. Auf etwa 11.500 Hektar reifen die Trauben in den Provinzen Río Negro, Neuquén und La Pampa heran. Harte Winter und kühle Sommer führen dazu, dass sich die Trauben langsam entwickeln. Sie bringen schließlich schöne Kombinationen von Säure und Süße sowie eine bemerkenswerte Aromafülle mit sich.
All das zeigt: Für den Genießer lohnt es sich, das Weinland Argentinien zu entdecken und zu erkunden. Die Vielfalt der Rebsorten ist für eine Weinbau-Nation in der sogenannten Neuen Welt bemerkenswert. Sie ist das Ergebnis verschiedener Einwanderungswellen in das Land. Eine schöne Übersicht der Anbaugebiete Argentiniens bietet diese Karte, die Wines of Argentina Vineblog24 zur Verfügung gestellt hat. Verschaffen Sie sich den Überblick – zum Beispiel im Argentinien-Sortiment von Vineshop24 – und finden Sie heraus, was Ihnen besonders schmeckt