Jeder, der Wein mag, weiß, dass verschiedene Jahrgänge des selben Rebsaftes unterschiedlich geraten können. Das ist eine der Besonderheiten dieses uralten Kulturgutes. In diesem Artikel möchten wir uns allerdings nicht mit den bereits hinlänglich bekannten Faktoren auseinandersetzen, warum dies so ist, sondern insbesondere beleuchten, weshalb es so schwer ist, wirklich genau vorherzusagen, wie ein Wein letztlich ausfallen wird. Denn dies gelingt durchaus nicht immer und ist, wenn man z. B. einen Wein im Voraus, also „en primeur“ wie in Bordeaux kaufen möchte, immer ein Spiel auf Risiko.
Woran liegt das?
Das ist im Wesentlichen darin begründet, dass wir es hier mit einem komplexen System von Wechselwirkungen zu tun haben, die einander beeinflussen. Ähnlich der Wettervorhersage kommen eine Vielzahl von Faktoren zusammen, die alle einen gewissen Einfluss haben können. Dies fängt – und da liegt eine Gemeinsamkeit mit dem Wetterbericht – mit dem sogenannten Mikroklima an. War es an einem Ort im Sommer recht mild und freundlich, kann die Nachbarschaft bereits mehrfach von Gewittern oder Hagelstürmen heimgesucht worden sein. Aber wer weiß schon, wann wo welches Wetter herrschte, außer dem Winzer selbst? Der Konsument hat hier in aller Regel keinen Überblick.
Inzwischen spielt auch das Know-how der Weinbereitung eine immer dominantere Rolle. Die Kellertechnik ist so weit fortgeschritten, dass heutzutage auch Jahrgänge, die aufgrund von Wetterkapriolen früher unrettbar gewesen wären, qualitativ sehr gut geraten können. Den Kellermeistern stehen so viele Möglichkeiten zur Verfügung, zu reagieren, dass die „Werkstatt“ Weinkeller so manchen Unfall noch repariert bekommt.
Resilienz
Wichtig ist zu wissen, dass wir immer noch längst nicht alles wissen! Resilienz ist hier ein immer häufiger zu hörender Terminus. Gut, bestimmte Temperaturen, in Folge der Erderwärmung, halten einige Rebsorten auf Dauer nicht aus. Dennoch sind die Reben offenbar anpassungsfähiger an die zunehmende Hitze, als man bisher orakelte. Und auch die Winzer reagieren flexibler und passen dementsprechend den richtigen Lesezeitpunkt an die Klimaverhältnisse an.
Wein ist Zeit und Zeit ist Wein
Nicht zu unterschätzen ist auch die zeitliche Dimension. „Gut Ding will Weile haben“, sagte man früher und meinte damit, dass alles seine Zeit benötigt. Dies trifft auf den Weinbau ebenfalls zu. Die biologische Anbauweise, mittlerweile weitgehend etabliert, tut nicht nur dem Konsumenten gut, sondern auch dem Weinberg. Dieser profitiert, und dies zeigt sich nun immer mehr, von einer gesunden, naturnahen Bewirtschaftung. Inzwischen halten die Rebstöcke durchaus mehr Belastungen durch schlechtes Wetter und Schädlinge aus, als dies früher der Fall war. Dies war zu Beginn der ökologischen Kultivierung noch nicht abzusehen, ja, sogar das Gegenteil wurde prophezeit.
Es ist daher auch nicht nur im Rahmen von einzelnen Jahrgängen zu denken und zu planen, sondern zeitlich übergreifender. Warum fiel der Jahrgang 2022 im Bordelais so brillant aus, wo doch das Jahr von einer extremen Trockenheit und Hitze belastet war? Weil das vorhergehende Jahr 2021 eher feucht und bestenfalls „durchwachsen“ war und die Reben und Böden noch genug Reserven hatten, eine dürre Saison zu überstehen.
Wir sehen, auch im Weinberg sind vielschichtige und ineinandergreifende Elemente zu finden, die Einfluss auf den Wein haben. Und wir haben dabei im Rahmen dieses Beitrages nur einen Teil gestreift. Daher: Bleiben Sie neugierig auf Wein und probieren Sie aus; es gibt mit jedem Jahrgang viele überraschende Dinge zu entdecken!
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