Denkt man an Bordeaux, kommen einem unweigerlich eine Vielzahl von Assoziationen in den Sinn, die in einigen Fällen durchaus zutreffend sind. Luxus-Châteaux, Grand Cru Weine und leider auch zunehmend Luxus-Preise. Schön, wenn man Filmstar oder Lottogewinner ist; unerfreulich für den normalsterblichen Weinliebhaber, der gerne mal einen guten Tropfen genießen möchte, ohne zu enge Kontakte mit seinem Bankberater pflegen zu müssen.
Doch keine Regel ohne Ausnahme! Es gibt Abhilfe, und zwar in Form der „kleineren“ Appellationen Bordeaux. Und aus diesem Grund möchten wir Ihnen heute die Appellation Listrac-Médoc vorstellen. Immer noch ein bisschen unbekanntes Land, bietet diese nach Moulis zweitkleinste Appellation durchaus Weinschätze, die es zu entdecken gilt.
Eine AOC ist Listrac-Médoc erst seit 1957. Nur etwa 750 ha stehen unter Bepflanzung, wovon 14 ha mit weißen Rebsorten bestockt sind.
Entgegen den üblichen Mehrheitsverhältnissen im Médoc dominiert hier der Merlot mit 63,4% der Rebfläche, gefolgt vom Cabernet Sauvignon mit ca. 30%. Petit Verdot und Cabernet Franc spielen mit 3,6% respektive 1% kaum eine Rolle. Das liegt unter anderem daran, dass diese Appellation, nord-westlich gelegen von Margaux, den weitesten Abstand aller Appellationen im Médoc zur Gironde hat, die als Wärmespeicher dient. Merlot ist „gutmütiger“ zu kultivieren und reift früher aus, sodass die Winzer in diesem kontinentaleren Klima eher dieser Rebe vertrauen.
Hinzu kommen aber auch die sehr unterschiedlichen Böden in Listrac-Médoc. Vorherrschend ist vor allem, neben Kiesel und Sand, der Lehm- und Kalkboden, mit dem der Merlot besser zurecht kommt.
Letztlich ist aber entscheidend, was die Winzer mit den ihnen vorgegebenen Umständen anfangen. Ist dieser Satz eigentlich ein Grund, mindestens 3 Euro in ein imaginäres Phrasenschwein zu zahlen, liegt in Listrac-Médoc mehr Wahrheit in dieser Aussage als anderswo.
Sucht man das Gespräch mit den Winzern, hat man häufig das Gefühl, diese wollen den Kollegen in den berühmteren Appellationen zeigen, dass man mithalten oder sie sogar übertreffen kann und stehen mit außerordentlichem Engagement und Liebe hinter ihren Weinen.
Dabei sind die Listrac-Bordeauxs Klassiker im besten Sinne des Wortes. In Listrac-Médoc musste man nicht mit den Moden einer Parkerisierung mithalten. Das hätte das geringere Renommée dieser Appellation nicht hergegeben. Stattdessen konzentriert man sich hier auf das Weinmachen im traditionellen Stil, was man den Rebsäften hier durchaus anschmecken kann. Körperreiche Weine, mit hohem Lagerungspotential und dennoch schöner, tiefer Merlot-Frucht, sind die Folge, die Kenner schätzen und lieben.
Güter wie Fourcas Dupré, Fourcas Hosten, das 1973 von Baron Edmond de Rothschild erworbene Château Clarke, Mayne-Lalande oder Fourcas-Borie spielen inzwischen in der obersten Liga der Cru Bourgeois. Es gilt hier besonders die Regel vom Kaufen kleiner Château-Weine in großen Jahrgängen, wie die himmlischen Fourcas-Borie 2009 und 2010 verdeutlichen.
Und wer darauf verzichten kann, die Appellations-Namen Margaux oder Pauillac auf dem Flaschenlabel lesen zu müssen, wird sich mit dem anschließenden Blick in den Geldbeutel eine zusätzliche Freude bereiten.
Lust bekommen auf eine Kostprobe? Den Chateau Fourcas-Borie 2010 aus Listrac-Médoc gibt es hier.