Interview

Saronsberg und sein Winemaker: ein Gespräch mit Dewaldt Heyns

Ende Mai in Südafrika, der Winter ist im Anmarsch. Dewaldt Heyns, der Winemaker von Saronsberg, steht auf der Terrasse, im Grill lodert ein Feuer. Familie Heyns lädt zum Braai (Afrikaans für „braten“), der traditionellen Art des langsamen Grillens über einem Holzfeuer in Südafrika. Es wird ein langer, anregender Abend und es folgt ein intensives Interview für Vineshop24.de, Saronsberg-Importeur für Deutschland, mit einem der talentiertesten Winemaker Südafrikas.

Herr Heyns, wie wurden Sie zu dem Winemaker, der Sie heute sind?

Die Familie Heyns: Dewaldt und Tania mit ihrem Sohn Sebastian und der Tochter Nina.

Mein Vater war ein Traubenfarmer hier in der Region. Ich wuchs auf dieser Farm auf und wollte immer selbst ein Farmer werden. Mein Elternhaus liegt sehr abgeschieden, und dort aufzuwachsen war aus meiner Sicht ideal. Es gab einfach so viel Raum zum Spielen, und man konnte seiner Fantasie freien Lauf lassen. Um mich herum lagen die zahlreichen Weingüter. Einmal ein Winzer zu werden, habe ich als Junge aber nie in Erwägung gezogen. Für mich war das einfach klar: Die Trauben gingen zu einer lokalen Kooperative, und natürlich wurde dann von irgendwem Wein produziert. Später habe ich mir oft die Frage gestellt: Wie kann man Trauben zur Reife bringen, aber nicht den nächsten Schritt, zum Endprodukt gehen? Ich begann, mich sehr für die Weinherstellung zu interessieren und studierte Weinbau in Elsenburg.

Am Elsenburg Agricultural College in der Stellenbosch-Region zu studieren ist schon eine Auszeichnung …

Stimmt. Elsenburg nahm zu dem Zeitpunkt gerade mal zehn Studierende pro Jahr auf. Es ist eine sehr praxisnahe Institution, die auch einen eigenen Weinkeller hat. Wir waren ein kleines Team, das sich sehr nahe stand – und natürlich zehrt man davon, wahrscheinlich für den Rest des Lebens. Viele der Winzer, mit denen ich studiert habe, zählen heute zu den erfolgreichsten in Südafrika. Schauen Sie nur auf die Mitgliederliste der prestigeträchtigen Cape Winemakers Guild. Der Jahrgang 1995 ist also ein besonderer.

Gutes Stichwort: Was ist denn in Ihren Augen das Besondere an Saronsberg?

Ich hole dazu mal etwas aus: In meinen Augen ist es ein großes Problem, dass es viele Winemaker gibt, die die Welt bereisen und irgendwo auf einen Wein treffen, den sie lieben. Sie beschließen dann: Okay, diesen Wein, diesen Stil will ich herstellen. Und genau das ist nicht immer der richtige Weg, um einen Wein zu kreieren. Es ist viel wichtiger, sich auf das zu konzentrieren, was das eigene Terroir hergibt.

Jeder schaut immer auf die vermeintlich tollsten Regionen, die angeblich per se guten Wein hervorbringen. Tulbagh liegt etwas abgelegen von den Wein-Gebieten Südafrikas, die weltweit schon einen gewissen Klang haben. Und hier, im abgeschiedenen Tulbagh Valley, herrscht tatsächlich ein einzigartiges Klima.

Wir versuchen, einen Stil zu schaffen, der unsere Gegend widerspiegelt. Dabei konzentrieren wir uns im Wesentlichen auf Rotweine. Shiraz ist unsere herausragende Rebsorte. Und die Kritiker geben uns recht. Denn seit es den Saronsberg Shiraz am Markt gibt, also seit 2004, erhält er kontinuierlich hohe Auszeichnungen. Ich denke, dieses konstante Qualitätslevel, das wir früh erreicht haben, findet sich in Südafrika nicht allzu oft.

Sie haben uns gerade auf eine lange Fahrt durch die Anbaugebiete von Saronsberg mitgenommen, nun führen wir dieses Gespräch vor einem Weinkeller, der architektonisch und mit seiner Kunstsammlung seinesgleichen sucht …

Auch eine beeindruckende Kunstsammlung trägt dazu bei, dass Saronsberg quasi eine „Seele hat“.

Saronsberg ist eben mehr als „nur“ ein Weinhersteller. Wir sind – bei Lichte besehen – ein Familienbetrieb, in dem alle sehr hart arbeiten. Oft genug bin ich es, der die Lorbeeren einheimst, aber hier arbeiten viele Menschen wirklich hart.

Auch unsere Farmarbeiter sind schon lange hier, oft mit ihren ganzen Familien. Und wenn Sie in unseren Weinkeller gehen, spüren Sie, dass es hier eine bestimmte Energie gibt, die schwer in Worte zu fassen ist. In jedem Fall steht Saronsberg für mehr als wunderschöne Gebäude und exzellente Weine. Wenn Sie so wollen, hat dieser Ort eine Seele.

Was können Sie über die Saronsberg-Weine sagen?

Beim Winemaker in guten Händen: Dewaldt Heyns erläutert die Vorzüge der verschiedenen Böden.

Wir haben im Grunde drei Linien: Saronsberg, Provenance und Artspace. Als wir hier anfingen, wollten wir nur eine Range präsentieren: Saronsberg. Unser Weingut besteht allerdings aus zwei ehemaligen Obst-Farmen. Und wir haben früh gemerkt, dass die Böden unterschiedliche Qualitäten mit sich bringen. Die Weine von beiden Lagen zusammenzubringen, funktioniert nicht. Man darf den Weinen nicht ihre Identität rauben. Und so kam es, dass wir anfangs im Wesentlichen auf zwei Linien setzten. Die Saronsberg-Weine sind üppiger und konzentrierter, haben einen vollen Körper und mehr Struktur. Der Wein ergibt sich aus kleineren Beeren, und wir setzen verstärkt neue französische Eiche ein. Die Provenance-Weine sind im Vergleich aromatischer, fruchtiger und sicher eher zugänglich. Mit Artspace haben wir eine dritte Linie geschaffen, ganz bewusst im Blick auf unsere Kunden. Das Verlangen nach noch frischeren easy-drinking Weinen ist groß. Dem wird die Artspace-Range gerecht, die wir weniger in Eiche ausbauen.

Trotzdem: Haben all diese Weine einen gemeinsamen Kern?

Ja, es gibt sicher einen Kern bei all diesen Weinen des Weingutes Saronsberg. Wir sind sehr detailverliebt, und das nicht allein bei einem oder zwei Flaggschiffweinen, sondern bei all unseren Weinen. Die Rückmeldungen bei den zahlreichen Verkostungen fallen entsprechend aus, die Qualität wird wahrgenommen. Ich möchte, dass ein Verbraucher weiß, wenn er unser Logo auf der Flasche sieht: Okay, da steckt Qualität drin. Ich denke, diese Qualitätsmerkmale voller Körper, aromatisch und samtige Tannine finden sich in all unseren Weinen wieder.

Nutzen Sie spezielle Techniken in der Weinproduktion?

Zunächst einmal legen wir großen Wert auf die Details in den Anbauflächen. Wir pflanzen in Ost-West-Richtung, vor allem, weil wir die direkte Sonneneinstrahlung auf die Trauben vermeiden wollen. Ansonsten besteht die Gefahr, Aromen zu erhalten, die angebrannt schmecken. Dazu kämen eine hoher Alkoholgehalt und Aromen von Rosinen, man kann sagen Port-ähnliche Aromen. Durch die geänderte Ausrichtung der Reihen erhalten wir stattdessen mehr Finesse, mehr Eleganz und feinere Fruchtaromen. Unsere Trauben werden per Hand gelesen, immer in den frühen Morgenstunden. Sie durchlaufen dann einen sehr intensiven Kühlungsprozess und werden innerhalb von drei Stunden auf vier Grad gekühlt. Wir sind das erste Weingut in Südafrika, das diesen Prozess derart angewandt hat. Ich weiß gar nicht, ob es unser Vorgehen irgendwo auf der Welt noch einmal gibt.

Können Sie weitere Details nennen?

Wir kühlen die Trauben also stark herab, bevor wir mit dem eigentlichen Winemaking beginnen. Wenn die Farb- und Geschmackskomponenten dann mit Sauerstoff in Verbindung kommen, erhalten wir mehr Farb- und Aromatiefe. Unsere Selektion, natürlich per Hand, ist sehr aufwendig. 25 Menschen sind pro Schicht im Einsatz, der Prozess läuft nahezu rund um die Uhr. 1,5 Tonnen pro Stunde werden selektiert, der Prozess ist also eher langsam und arbeitsintensiv. All unsere Weine reifen im Fass heran, Saronsberg reift dabei in nahezu 100 Prozent neuer Eiche heran über einen Zeitraum von 20 Monaten, bei der Provenance-Range setzen wir auf etwa 35 Prozent neuer Eiche, dazu kommen Fässer zweiter und dritter Füllung. Beim Artspace schließlich nutzen wir die älteren Fässer unseres Kellers. Hier setzen wir bewusst keine neue Eiche ein, um nicht die fruchtigen Noten dieser Weine zu überlagern.

Saronsberg ist ein junges Weingut – und trotzdem ist es bereits reich an Auszeichnungen. Was ist Ihr Geheimnis?

Man sieht die Wand vor lauter Auszeichnungen nicht: Im Inneren des Weinkellers sind ganze Wände mit den Auszeichnungen für die Saronsberg-Weine bedeckt.

Ganz ehrlich, wir waren auch ein wenig überrascht über den schnellen Erfolg, den wir hatten. Und natürlich ist es so, dass viele Menschen aus der Weinindustrie kommen und den Grund für unsere Qualität erfahren wollen. Die Wahrheit ist doch: Es gibt keine Maschine, die für dich arbeitet. Es gibt nicht den Prozess oder die geheime Zutat, die auf wundersame Weise für Qualität sorgt. Ich denke, es ist die konsequente Aufmerksamkeit, die man den Details widmet, und zwar während des gesamten Prozesses der Weinherstellung. Das fängt schon damit an, wie man seine Anbauflächen plant. Und was Du tust, aber Dein Mitbewerber vielleicht nicht, hebt Dich hervor. Man muss einfach hart arbeiten. Viele Menschen geben sich mit dieser Erklärung aber nicht zufrieden. Sie wollen von einer geheimen Maschine oder einer wundersamen Technik hören. Aber so einfach ist es nicht.

Der Jahrgang 2013, was erwarten Sie von ihm?

Ich bin grundsätzlich eher konservativ und möchte nicht zu viel voraussagen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich aber sagen, dass ich die Weißweine für ziemlich gut halte. Die Trauben wurden sehr spät gelesen, tatsächlich war es bislang unsere späteste Lese. Für uns eine echte Herausforderung, da so viele Trauben innerhalb eines engen Zeitrahmens für den Verarbeitungsprozess kamen. Die Weißweine sind angenehm aromatisch, haben einen vollen Körper – ich bin sehr glücklich damit. Bei den Rotweinen ist es schwierig, schon ein weitergehendes Urteil abzugeben. Fest steht, dass die gesamte Range durchaus Qualität besitzt. Dadurch, dass es ein Jahrgang war, der von kühlen Temperaturen und einer späten Reifephase geprägt war, werden die Weine sich eher langsam im Fass entwickeln und ihr wahres Potential später zeigen. Manchmal ist das sogar gut, wenn die Weine sich quasi Zeit nehmen, um sich zu entwickeln.

Grundsätzlich gefragt: Was macht südafrikanische Weine eigentlich aus? Und wie wird ihre künftige Entwicklung aussehen?

Naja, es gibt Weine, die Anfang der 1990er-Jahre als phänomenal bezeichnet wurden und heute als Durchschnitt gelten. Sie sehen daran, dass die Weinindustrie enorme Fortschritte gemacht hat. Viele ältere Winemaker haben sich als gute Mentoren der jüngeren Generation erwiesen. Eine Generation, die nach den Wahlen von 1994 allerdings auch sehr dran interessiert war, die Welt zu bereisen und neue Techniken kennenzulernen und mitzubringen nach Südafrika. Viele dieser jungen Winemaker waren und sind auch dank dieser Erfahrungen sehr experimentierfreudig. Diese Mischung aus erfahrenen, traditionellen und jungen, experimentierfreudigen Winemakern ist verheißungsvoll für Südafrikas Weinindustrie.

Herr Heyns, danke für das Gespräch.

Dewaldt Heyns und Clemens Scheumann, Geschäftsführer von Vineshop24.de, am Eingangstor von Saronsberg.
Teilen
veröffentlicht von
Holger

Letzte Beiträge

Das Jahrgangs-Orakel – Warum fallen manche Jahrgangsweine anders aus als erwartet?

Jeder, der Wein mag, weiß, dass verschiedene Jahrgänge des selben Rebsaftes unterschiedlich geraten können. Das…

18. August 2023

Primeurs 2023 – Licht und Schatten

Wie immer trifft sich im Frühjahr in Bordeaux die Weinwelt zur Verkostung der Weine des…

3. Mai 2023

Bordeaux & die Jahrgänge: Was bedeuten sie und welchen Unterschied machen sie?

Es gibt Weinkenner – oftmals von selbsternannten Gnaden – die können auf ganz schön schlau…

12. Februar 2023

Die Primeurs 2022 – eine Reise nach Bordeaux

Primeurs – was ist das? Jedes Jahr finden die Primeurs in Bordeaux statt. Die Fassmuster…

25. Mai 2022

Méthode Cap Classique: Wie der Funke von Simonsig weltweit übersprang

Simonsig Kaapse Vonkel – der Funke vom Kap: Dieser Funke vom Kap ist tatsächlich auf…

1. Februar 2022

Warum ist nicht jeder Wein vegan?

Bei der Produktion eines veganen Weines muss nicht nur die Klärung ohne tierische Inhaltsstoffe stattfinden,…

19. Januar 2021