Weinwissen

Sortenreiner Wein

Der Unterschied zwischen einem sortenreinen Wein und einer Cuvée ist nicht so groß, wie man vielleicht denkt. Das internationale, europäische und deutsche Weinrecht lassen den Winzern einigen Freiraum. So kann zum Beispiel ein guter Riesling gleichzeitig eine kleine Cuvée darstellen, auch wenn es dem Etikett nicht zu entnehmen ist. Alles zu den Spielregeln und Kniffen der Winzer bei sortenreinem Wein und meisterhaften Verschnitten lesen Sie hier.

Sortenrein oder Verschnitt – was ist drin, was ist besser?

Schwindelflaschen und Panscherei? Bei Weitem nicht, es handelt sich um eine gängige, erlaubte Methode, um den Wein zu verbessern, zu stabilisieren und zu harmonisieren. Das europäische Weinrecht besagt, dass mindestens 85 % Wein der angegebenen Rebe in der Flasche sein müssen. Die restlichen 15 % dürfen aus Nachbarlagen oder aber dem gleichen Anbaugebiet stammen. Diese 15 % auszuschöpfen liegt im Ermessen des Kellermeisters, die Deklaration ist jedenfalls nicht zwingend nötig. Noch weiter geht es auf internationaler Basis. Weinproduzierende Länder in Übersee, wie die Vereinigten Staaten, Australien oder Chile arbeiten nach ähnlichen Richtlinien, wobei die Chilenen sich sogar mit nur 75 % der deklarierten Sorte in der Flasche begnügen. Die Palette der Möglichkeiten ist bunt und die Auslegung der Vorschriften höhere Juristerei. Für den Weintrinker ist an dieser Stelle nur der Umstand relevant, dass in einer Flasche NICHT immer nur das drin ist, was vorne auf dem Etikett steht.

Welcher ist der bessere Wein?

Es ist durchaus sinnvoll, mehrere Weine zu einer stimmigen Cuvée zu vermählen. Die Art und Weise und die Zusammensetzung solcher Meisterwerke ist Expertenarbeit und verdient respektvolle Hochachtung. Die meisten hoch prämierten Rotweine dieser Welt sind Cuvées. Sie bestechen durch eine Fülle von Aromen und sich ergänzenden Eigenschaften, wie Farbe, Geruch und Geschmack. Man denke hier nur an Spitzenerzeugnisse französischer Weingüter aus dem Bordeaux-Anbaugebiet, die auf bekannten Weinauktionen stets für erstaunliche Erlöse sorgen. Aber nicht nur bei den Rotweinen sind die Cuvée-Experten gefragt, auch bei den Weißweinen, insbesondere bei den französischen und italienischen, fließt ihr Wissen sowie ihre wertvolle Erfahrung ein, um Weine zu kreieren die Weinkenner schätzen und die Geschichte schreiben. Nur eines von vielen Beispielen: Die Weßwein-Cuvée Fleur de d’Artagnan Blanc.
In deutschen Anbaugebieten hielt sich lange Zeit die Gepflogenheit, nur sortenreine Weine zu produzieren, die selbstverständlich auch keine 15 % der erlaubten Zusatzweine beinhalteten. So ist es Tradition und Lokalpatriotismus geschuldet, dass Verschnittweine in deutschen Landen so lange verpönt waren. Heute haben sich die Gepflogenheiten geändert und auch der deutsche Winzer hat den Wert einer kunstvoll zusammengestellten Cuvée erkannt und schätzen gelernt. Besonders junge Winzer, die oft ihre Erfahrung im Ausland gemehrt haben, erschaffen heute deutsche Cuvées, die denen der südländischen und internationalen Kollegen auf Augenhöhe begegnen können.

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, kann nur eine richtige Antwort gelten: Der persönliche Geschmack entscheidet, welcher Wein besser zu einem passt und welcher weniger. Allerdings sollte man nicht den Fehler machen, dieses „besser“ mit Qualität zu verwechseln. Die Qualität eines Weines ist nachvollziehbar und allgemein verständlich dokumentierbar. Der persönliche Geschmack hingegen, ist ein individuelles Erlebnis, das jeder für sich alleine empfindet und dessen Wiedergabe und Weitergabe schier unmöglich ist. Doch egal ob persönlicher Geschmack oder objektive Qualität – unter beiden Gesichtspunkten gibt es sowohl sortenreine Weine als auch Cuvées, die sich auf Top-Niveau bewegen.

Weißburgunder – Rosé – Champagner – Sekt

Der deutsche Weißburgunder bildet eine Ausnahme von der Regelung. Dieser darf tatsächlich nur zu 100 % sortenrein hergestellt werden. Eine neuere EU-Verordnung legalisiert jedoch die Herstellung von Rosé durch das Mischen von roten und weißen Weinen, zum besonderen Leidwesen der französischen Winzer aus dem Anjou. Im Anjou werden die besten Roséweine Frankreichs produziert, die Vermischung von roten und weißen Weinen ist dort noch heute ein Sakrileg. Echter Rosé besteht aus roten Trauben, deren farbintensive Schalen, während und nach der Pressung, nur sehr kurze Zeit mit dem hellen Traubensaft in Berührung kommen, um den typischen Rosé-Farbton zu erschaffen. Champagner hingegen ist nur sehr selten von sortenreiner Natur. Es werden hauptsächlich die drei Sorten Chardonnay, Pinot Noir und der Pinot Meunier zu einer Cuvée zusammengestellt und nach der „Méthode champenoise“ zu Champagner verarbeitet. Spanischer Cava, der italienische Spumante und die meisten Sekte werden nach gleichen Kriterien erschaffen und unterscheiden sich qualitativ nur durch die Art des Zusatzes von Kohlensäure.

Fazit

Es muss nicht immer nur die Rebsorte in der Flasche sein, welche als Traube auf dem Etikett angegeben ist. Es dürfen in der EU bis zu 15 % Fremdweine zugefügt sein. Was nun der bessere Wein ist, die Cuvée oder der sortenreine Wein, kann nur der Weintrinker selbst entscheiden. Gut ist, was schmeckt! An Beispielen wie dem Champagner oder den großen Bordeaux-Cuvées, die höchstes internationales Ansehen genießen, erkennt man leicht, dass eine Cuvée einem sortenreinen Wein auf Augenhöhe begegnet, ihn oftmals sogar überflügelt.

Unser Tipp:
Lassen Sie sich bei der Auswahl eines Weines nicht zu sehr von den Begleitumständen beeinflussen. Am besten ist daher theoretisch sogar die Blindverkostung. Der Wein muss Ihnen schmecken, dann ist er gut!

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veröffentlicht von
Team Vineshop24

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